Wann haben wir eigentlich begonnen, in der Arbeitswelt von einem «Team» zu sprechen? Und was wäre eigentlich das deutsche Wort dafür?
Ursprünglich bedeutete das altenglische Wort «Team» etwas ganz Spezifisches: Das Paar von Zugtieren, welche vor Karren oder Pflug gespannt waren (das deutsche Wort «Zaum» ist verwandt damit). Schon ganz früh hatte das Wort also einen Arbeitskontext. Bis das Wort jedoch für Menschen verwendet wurde, ging es rund 1000 Jahre. Obwohl wir es uns heute kaum mehr vorstellen können: «Teamwork» bei der Arbeit ist erst nach dem zweiten Weltkrieg entstanden, als der menschliche Faktor als wichtig für die Produktivität erkannt wurde. Vorher wurde menschliche Arbeit vor allem an Förderbändern strukturiert. Das englische Wort ist inzwischen ganz natürlich in die deutsche Sprache eingeflossen.
Das «Team» wurde sehr schnell zum Symbol, dass Menschen bei der Arbeit als sinnvoll erlebte Beziehungen erleben könnten. Heute ist dies eine zentrale Forderung geworden – die Idee, als anonyme Ressource Arbeit zu verrichten erscheint uns im westlichen Wirtschaftskontext undenkbar und würdelos.
Dieser Hintergrund ist wichtig, um zu verstehen, warum selten hinterfragt wird, ob eine Gruppe von Menschen organisatorisch überhaupt ein Team sein sollte oder nicht. Der Titel oben – Teamarbeit, die keinen Sinn macht, rührt somit häufig an ein Tabu.
Wann ist ein Team ein Team?
Eigentlich lässt sich sehr klar definieren, was ein Team im Sinne der «High Performance Organisation» sein soll. Der Kern ist bei allen Definitionen ungefähr dieser:
- eine Gruppe von Menschen mit einer bestimmten Grösse (nicht weniger als 3, aber auch nicht mehr als 20)
- welche eine gemeinsame Aufgabe, bzw. ein gemeinsames Ziel haben,
- welches sie nur gemeinsam (in gegenseitiger Abhängigkeit) erreichen können
Sind Menschen mit ganz verschiedenen Aufgaben in einer organisatorischen Einheit zusammengefasst, so ist dies kein eigentlichesTeam. Zum Beispiel Johannes, Petra und Tamara, welche in der Kommunikationsabteilung eines kleinen Unternehmens arbeiten: Johannes veranstaltet Events an Hochschulen und kümmert sich um die Kontakte zur Politik. Petra ist zuständig für die Webseite und den Firmenauftritt nach aussen. Tamara leitet gerade ein Projekt, in dem der interne Knowhow-Austausch verbessert werden soll und kümmert sich um eine Produktbroschüre. Sie sind alle der gleichen Chefin unterstellt. Sind sie ein Team?
Man könnte nun argumentieren, dass sich ja alle in irgendeiner Form um Kommunikation kümmern und somit eine gemeinsame Aufgabe haben. Der Test eines gemeinsamen Zweckes ist jedoch, was passiert, wenn Johannes plötzlich ausfällt: Vermutlich wird ihn in der Event-Planung so kurzfristig niemand ersetzen. Die Kommunikation wird um ein ganzes «Modul» ärmer, aber Tamara und Petra können weiterhin ihre Ziele erfolgreich verfolgen, ob Johannes zurückkommt oder nicht.
Ganz anders im Projektteam von Petra: Es ist interdisziplinär zusammengesetzt und umfasst Fatih, der Software zum Knowhow-Austausch evaluiert, Serena, welche sich in der Personalabteilung um Weiterbildung kümmert sowie Anil, welcher die Sicht der Mitarbeitenden aus Fachperspektive einbringt. Fällt nun eine dieser Personen aus, ist das Projekziel in Gefahr, da alle Mitarbeitenden integrale Teile dazu beitragen. Fatih, Serena, Petra und Anil sind ein Team.
Kein Team – und jetzt?
Es mag wie Herumreiten auf blosser Teminologie erscheinen. Aber ob eine Gruppe von Menschen ein Team ist oder nicht, hat direkte Auswirkungen im Arbeitsalltag. Ein paar Beispiele gefällig?
- Es macht keinen Sinn, eine wöchentliche Teamsitzung zu haben, in der Johannes, Petra und Tamara über den Stand ihrer Arbeiten Auskunft geben. Denn die drei haben nur sehr wenig Überschneidungspunkte. Wenn es die Chefin interessiert, was der Stand ist, sollte sie diese Informationen bevorzugt einzeln abholen und nicht die Zeit der drei Personen in einem gemeinsamen längeren Meeting verschwenden.
- Es macht keinen Sinn, diesem «Team» eine agile Methodik aufzuzwingen, in der die Mitglieder z.B. tägliche Standups abhalten, ein monatliches gemeinsames Planning machen oder im Monatsrhythmus über ihre Zusammenarbeit reflektieren. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass dies für alle Beteiligten nur demotivierend wäre.
- Es macht keinen Sinn, in ausgiebige Teambuildingsmassnahmen zu investieren. Vor allem nicht, wenn das «Team» selber das nicht wünscht. Da Petra und Tamara kaum Überschneidungspunkte haben, müssen sie nicht voneinander wissen, wie sie kommunikativ ticken, welchen Konfliktstil sie pflegen oder was die eine braucht, um der anderen vertrauen zu können.
Nicht nur Teamarbeit verdient Wertschätzung
Nun ist das «Team» also kein Team. Kann man in diesem Fall also gar nichts tun, um die Zusammenarbeit zu verbessern?
So ist das natürlich nicht gemeint. Beziehungen und Zugehörigkeit bei der Arbeit sind für alle wichtig – ob sich diese Personen in «richtigen Teams» befinden oder nicht. Ein gemeinsames Mittagessen, gemeinsame Veranstaltungen stärken die Verbindungen untereinander und schaffen Zugehörigkeit – nicht zuletzt auch zur Firma.
Es kann sich auch lohnen, in «Nicht-Teams» speziell gut darauf zu achten, dass das Knowhow gut verteilt ist und Stellvertretungen geregelt sind. Gerade weil in diesen Gruppen keine natürliche Abhängigkeit voneinander besteht, zeigen sie oft eine Tendenz dazu, Knowhow bei Einzelpersonen zu zentrieren. Massnahmen für eine sinnvolle Stellvertretung oder gemeinsame Dokumentation können z.B. ebenfalls in Workshops erarbeitet werden.
Die thematischen Schnittstellen sind oft ausserhalb der offiziellen «Teams» zu finden. Meist ist dies in übergreifenden Projekten der Fall. Sobald diese Gruppen eine gemeinsame Aufgabe haben, haben sie mehr Teamcharakter, als was das Organigramm vorgibt. Dort lohnen sich dann auch Teamentwicklungsmassnahmen wie ein gemeinsamer Kickoff, Rollenklärungen, der Austausch über Kommunikations- und Konfliktstile und das gemeinsame Erarbeiten von Werten und Regeln.
Fazit: Das Label «Team» drückt den Wunsch nach sozialer Zugehörigkeit aus. Diese Zugehörigkeit sollten wir fördern, jedoch nicht mit einem forcierten «gemeinsamen Zweck» vermischen. Dann macht das Arbeiten miteinander Freude – ob im Team oder nicht!